Erster Bonner Wärmeplan leitet Wandel zu klimafreundlicher Wärmeversorgung ein

Auf dem Foto sind 5 Personen zu sehen. Die Personen sind SWB-Chef Olaf Hermes, BonnNetz-Geschäftsführer Urs Reitis, Oberbürgermeisterin Katja Dörner, Beigeordneter Helmut Wiesner und Dr. Giulia Pugnaghi. Sie stehen auf einem Dach, im Hintergrund zu sehen ist das Heizkraftwerk Nord. Zwischen ihnen steht ein mannshohes Plakat mit dem Slogan "So heizen wir morgen".
Den Bonner Wärmeplan stellten vor (v.l.): SWB-Chef Olaf Hermes, BonnNetz-Geschäftsführer Urs Reitis, Oberbürgermeisterin Katja Dörner, Beigeordneter Helmut Wiesner und Dr. Giulia Pugnaghi. (Foto: Sascha Engst/Bundesstadt Bonn)

Ein Jahr früher als gesetzlich vorgeschrieben hat der Rat der Bundesstadt Bonn am Donnerstag, 3. Juli, eine Strategie und ein Maßnahmenpaket für eine CO2-freie, sichere, bezahlbare und wirtschaftliche Wärmeversorgung beschlossen – den ersten Bonner Wärmeplan. 

Danach soll der Wärmebedarf für Heizung, Warmwasser und Prozesswärme um mehr als ein Viertel sinken und die Wärmeversorgung auf Wärmepumpen und Fern- oder Nahwärme basieren. Für 175 Teilgebiete der Stadt wird dargestellt, ob dezentrale Wärmepumpen oder zentrale Wärmenetze grundsätzlich geeigneter sind. Der kommunale Verteilnetzbetreiber Bonn-Netz, ein Tochterunternehmen der Stadtwerke, hatte die Fachplanung zusammen mit weiteren Dienstleistern seit Februar 2024 im Auftrag der Stadt erstellt.

„Der Wärmeplan bietet Orientierung für die nächsten Schritte zur sozialverträglichen klimaneutralen Wärmeversorgung unserer Stadt“, sagt Oberbürgermeisterin Katja Dörner. „Er wird ab sofort in der Stadtverwaltung bei allen Planungen, Prozessen und Entscheidungen berücksichtigt und ist Grundlage für die Fernwärme-Ausbauplanung der Stadtwerke.“

Um Sanierung und Heizungstausch zu fördern, ist ein Bündel von Maßnahmen geplant: So soll es zum Beispiel ein kommunales Förderprogramm zur sozialverträglichen energetischen Bestandssanierung geben, eine Wärmewende-Veranstaltungsreihe vor Ort in den Stadtvierteln sowie aufsuchende Energieberatung. Der Stadtrat hat die Verwaltung zudem beauftragt, kommunale Freiflächen für Erneuerbare-Energien-Anlagen und Speicher vorzuhalten, die Ausweisung von Gebieten zum Neubau und Ausbau von Wärmenetzen zu prüfen, die Baustellenkoordination zu optimieren und ein Monitoring und Controlling der geplanten Maßnahmen innerhalb des Klimaplans einzuführen.

Stadtwerke: Fernwärme ausbauen und dekarbonisieren

 „BonnNetz steht in den nächsten ein bis zwei Jahrzehnten der größte Infrastruktur-Umbau seit der Erdgaserschließung in den `80er und `90er Jahren des letzten Jahrhunderts bevor“, sagt Urs Reitis, Geschäftsführer von BonnNetz. „Wir werden das bestehende Fernwärmenetz mit neuen Kundenanschlüssen verdichten, zusätzliche Quartiere erschließen und in weitere Stadtviertel ausbauen. Dabei soll die Zahl der Wärmenetzanschlüsse vervielfacht werden, vor allem, um die Bestandsgebäude in dicht bebauten Stadteilen mit nachhaltiger Wärme versorgen zu können. Aber auch das Stromnetz werden wir fit machen für den steigenden Strombedarf durch elektrische Wärmepumpen und E-Mobilität. Für diese Infrastruktur-Modernisierung wird es allerdings viele Straßenbaustellen geben. Um das für die Bürgerinnen und Bürger der Bundestadt möglichst erträglich zu gestalten, sollen passgenaue Konzepte zusammen mit der Stadtverwaltung erarbeitet werden.“

„Parallel zum Netz-Ausbau soll die Fernwärme auch CO2-frei werden“, sagt Olaf Hermes, Geschäftsführer der Stadtwerke Bonn. „Dafür modernisieren wir die Müllverwertungsanlage, planen eine Flusswärmepumpe in Plittersdorf und rüsten das Heizkraftwerk auf Wasserstoff um. Für Optionen wie Großwärmepumpen an Kläranlagen, Geothermie und Solarthermie werden wir Machbarkeitsstudien anstoßen. Zudem wollen wir mit Contracting-Modellen den Heizungswechsel massentauglich und finanzierbar machen.“

Die Stadtwerke haben im Wärmesektor kein Monopol. Es können auch andere Anbieter Wärme- oder Gebäudenetze und Wärmeerzeugungsanlagen errichten, zum Beispiel Bürgerenergiegenossenschaften. Gerade in Quartieren oder Baublocks können Nahwärmenetze in Bürgerhand echte Bürgerbeteiligung ermöglichen.

Grenzen der kommunalen Wärmeplanung

Als „rechtlich unverbindliche strategische Fachplanung“ (§3 Wärmeplanungsgesetz) resultiert aus dem Wärmeplan weder eine Ausbaugarantie für die dargestellten Wärmenetz-Eignungsgebiete noch eine Verpflichtung für Gebäudeeigentümerinnen und -eigentümer zum Wärmenetzanschluss. Ob und wann in einer konkreten Straße ein Wärmenetz verlegt wird, entscheidet sich erst, wenn Wärmeversorger ihre Ausbaupläne vorlegen. Für Gebäudeeigentümerinnen und -eigentümer bietet der kommunale Wärmeplan zwar Orientierung, ersetzt aber keine individuelle Energieberatung für Einzelgebäude.

Energetische Sanierung senkt Wärmebedarf und monatliche Heizkosten

Laut Bestandsanalyse ist der Bonner Gebäudebestand überwiegend in einem energetisch sanierungsbedürftigen Zustand: Rund neun von zehn Gebäuden sind unsaniert oder nur teilsaniert. 13 Prozent der Bonner Gebäude haben die schlechteste Energieeffizienzklasse H und benötigen wegen ihres geringen Dämmstandards insgesamt etwa 30 Prozent des Bonner Wärmebedarfs. Kostenfreie und firmenunabhängige Erstberatung können Gebäudeeigentümerinnen und - eigentümer bei der Bonner Energie Agentur erhalten. Das Zielszenario 2035 sieht vor, dass der Gesamtwärmebedarf in Bonn durch energetische Gebäudesanierung um 28 Prozent sinkt, was auch die monatlichen Heizkosten der Bewohnerinnen und Bewohner senken würde.

Weg von Öl und Gas – hin zu Wärmepumpen und Wärmenetzen 

92 Prozent der Bonner Bestandsgebäude nutzen noch fossile Gas- oder Ölheizungen. Das Zielszenario für 2035 sieht vor, dass bis dahin kein Erdgas und Heizöl mehr verbrannt wird, sondern rund zwei Drittel der Gebäude über Wärmepumpen und ein Drittel über Wärmenetze beheizt werden. Durch Wärmebedarfsreduktion und Umstieg auf neue Heizungstechnik soll der jährliche CO2-Ausstoß um 98 Prozent sinken. 

Politischer und gesetzlicher Auftrag zur Wärmeplanung

Der Rat hatte die Verwaltung zuletzt 2023 aufgefordert, einen Wärmeplan für Bonn zu erstellen. Im Jahr 2024 haben zusätzlich die Bundes- und Landesgesetzgeber die Entwicklung einer solchen strategischen Fachplanung für Kommunen verpflichtend eingeführt. Städte über 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner müssen demnach bis 30. Juni 2026 einen Wärmeplan vorlegen – Bonn ist nun ein Jahr früher fertig.

Weitere Informationen:

Wärmeplan ist Beitrag zum Bonner Klimaplan 2035

Die kommunale Wärmeplanung ist Teil des Bonner Klimaplans 2035. Die im Wärmeplan beschlossenen Umsetzungsmaßnahmen werden in das „Arbeitsprogramm Klimaschutz“ aufgenommen. Das Programm ist Bestandteil des Klimaplans und wird Anfang 2026 fortgeschrieben. Der Klimaplan wurde im März 2023 vom Stadtrat beschlossen. Als Klimaneutralitätsstrategie definiert er Ziele und Entwicklungspfade für die Zeit bis 2035. Weitere Informationen zum Bonner Klimaplan gibt es unter www.bonn.de/klimaplan.
 

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